Das zweite Septemberwochenende steht in den Kreisen Stormarn und Herzogtum-Lauenburg ganz im Zeichen der Kunst und der Kultur. Über 50 Künstlerinnen und Künstler öffnen am 13. Und 14. September ihre Ateliers und Werkstätten zur Besichtigung und laden Kulturinteressierte ein, ihre Kunstwerke zu sehen und den Kreativen bei ihrer Arbeit zuzuschauen.
Für den Kreis Stormarn finden die Kunst.Kultur.Orte bereits zum sechsten Mal statt, das Öffnen der Ateliers in beiden Kreisen als Kulturknotenpunkt Südost zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft „Stormarn kulturell stärken“ geht in die zweite Runde. StormUnity hat drei Künstler*innen vorab in ihren Ateliers besucht.
Es ist idyllisch in Klein Barnitz. Die Trave fließt an dem kleinen Ort entlang, sanfte Hügel bilden die Landschaft dieser Endmoränenzeit. In der ehemaligen alten Schmiede des Ortes arbeitet die bildendende Künstlerin Janine Gerber an ihren raumbezogenen Werken. Äußere Faktoren wie das Tageslicht, Bewegung und auch den Geruch „webt“ sie in ihre Arbeiten, oftmals große Installationen, ein, um eine fühlbare Raumdarstellung zu schaffen und der Darstellbarkeit des natürlichen Lichtes nachzugehen. „Wie ist die Verbindung zwischen Außenraum und Innenraum? Ich erforsche dies in der Malerei und der Skulptur, aber auch in Performances, Videos und Fotografien“, erzählt die Künstlerin, die an der Akademie der bildenden Künste in München und in Berlin Weissensee studiert und dort ihr Diplom gemacht hat. In ihrem Atelier finden sich große, mit Maschinenöl getränkte Papierbahnen, die eine starke Aussage haben. „Altöl wirkt wie Stahl. Es entstehen fettige schwarze Papierbahnen, auf denen das Licht reflektieren kann. Ich mache das Licht sichtbar“, so Janine Gerber. Wenige Meter neben den Altöl-Arbeiten hängen zarte Washi-Papiere von der Decke, mit schwarzer Tusche in verschiedenen Helligkeiten bemalt, mal flächig, mal in zarten Strichen. Die Papiere überlappen sich leicht, schweben fast und zeugen von einer anderen Kultur, einem anderen Wind und einem anderen Licht. Vier Wochen war Janine Gerber in diesem Jahr in der Saroya Artist-Residence am Fuße des Fujiyama in Japan zu Gast und hat dort traumhaft schöne Werke gemalt. „Ich habe die Materialien vor Ort in Tokio gekauft. Material lebt von seiner eigenen Schönheit. In Japan erlebe ich oft das Reduzierte, ob in Kyoto oder auf dem Land, wo ich gelebt habe. Es gibt eine große Klarheit und ein Bewusstsein auf das Wesentliche, eine große Demut in den Gesten und im Umgang miteinander und mit der Umgebung“, weiß sie, die Japan bereits zum zweiten Mal bereist hat, aus Erfahrung. Während der Kunst.Kultur.Orte wird sie am 14. September um 14 Uhr über ihre Zeit in Japan berichten. Ausstellungschwerpunkt in ihrem Atelier werden die dort geschaffenen Werke sein.
Von Klein Barnitz nach Barnitz, nur wenige Minuten entfernt. Hier arbeitet der Steinmetz und Bildhauer Thomas Helbing in seiner großen Werkstatt in einem alten Bauernhaus. Platz gibt es viel, und die braucht der Künstler auch. Eine große Gipsskulptur liegt bäuchlings auf einem der Werktische, aufgestellt auf mehreren Stützen, um rings um sie herum arbeiten zu können. Ihr deutlich kleineres Modell aus Bronze zeigt, wie die „Schwimmende Figur“ einmal aussehen wird, wenn ihre Oberfläche mit Schellack versiegelt wurde, sie einen äußeren Tonrand erhalten hat und darauf eine weitere Schicht Epoxidharz als Mantel, um schließlich die Negativform herzustellen für den Naturstein. „Dieser wird in einem Klinkerrot sein, so wie der Ton der typischen Ziegel hier in der Region. Zudem gibt dieses Rot einen starken Kontrast zu dem Grün der Umgebung, in der die Figur einmal zu sehen sein wird“, erklärt Thomas Helbing. Am Elbe-Lübeck-Kanal wird die „Schwimmende Figur“ in wenigen Monaten vom alten Treidelweg aus im Wasser für die Öffentlichkeit zu erleben sein, auf Höhe der Schleuse in Oberbüssau. „Es ist ein Projekt für die Skulpturenfahrt zwischen Lübeck und Krumesse von der Initiative für Lübecks ländlichen Raum mit mehreren Kunstwerken verschiedener Künstler“, berichtet Thomas Helbing von diesem außergewöhnlichen Vorhaben.
Am zweiten Septemberwochenende wird er in seiner Werkstatt über seine Arbeit erzählen, über Marmor, Granit und Eisen, über Maschinen und Laustärke, über seine Kurse und Workshops und darüber, wie wichtig die Formel 365 Grad ist: „Eine Skulptur sollte in jeder Hinsicht einen Spannungsbogen haben, von allen Seiten und von oben und unten“, weiß der erfahrene Bildhauer, der seine Werkstatt nicht zum ersten Mal öffnet. „Ich bin immer mit großer Freude dabei an den Kunstkulturtagen. Es kommen angenehme und interessierte Besucher und es finden tolle Gespräche statt“, sagt er.
Nicht Kalkstein und Gips, sondern Acrylfarben und handgefärbte Garne und Seidenbänder sind die Materialien, mit denen Barbara Kahlke ihre kontemplativen und faszinierenden Landschaftsbilder malt und bestickt. Embroidery bezeichnet man diese feine Kunst, die überaus zart ist und ganz besondere Akzente in ihren Bildern schafft. „Für mich muss ein Bild eine gewisse Poesie haben. Es gibt Unwirklichkeit, Verschwommenes in meinen imaginierten Landschaften, die nie real existieren, sondern im Prozess entstehen“, erklärt die bildende Künstlerin, die in ihrem Haus in Bargfeld-Stegen arbeitet und ihre Werke im Café Wecklies für die Kunst.Kultur.Orte in Bad Oldesloe zeigen wird. Seit über dreißig Jahren sind Natur und Landschaft ihre Themen, an der Internationalen Schule für Textilkunst in Frankfurt hat sie alle klassischen Handstickarten mit dem Hauptfach Embroidery gelernt.
„Ich verwende die Stiche in freier Form. Es ist wie eine Reise, die anfängt und sich dann in einem sehr prozesshaften Charakter entwickelt. Dabei geht es mir um die Langsamkeit. Durch das langsame Tun ist eine andere Verbindung mit dem Werk möglich“, sagt Barbara Kahlke über ihre Bilder, in denen diese Reise manchmal auch als solche zum Ausdruck kommt wie zum Beispiel in der Serie „Vogelflug“, kleinformatige Leinwände mit schwarzer Kunststickerei. Wer die stillen Landschaften von Barbara Kahlke nach den Kunst.Kultur.Orten in größerer Anzahl und mit Werken, die bis zum nächsten Sommer noch im Entstehen sind, sehen möchte, kann ihre Einzelausstellung im Freya-Frahm-Haus in Laboe mit dem Titel „Slow stitch“ vom 6. – 21. Juni 2026 besichtigen. Die Vernissage findet am 5. Juni 2026 um 18 Uhr statt.
Alle Informationen zur Veranstaltung der Kunst.Kultur.Orte in Stormarn und im Kreis Herzogtum-Lauenburg finden sich unter www.kunstkulturorte.de. Hier gibt es auch eine Übersicht über das vielfältige Rahmenprogramm mit Tanzperformances, Vorträgen, Musik und vielen Mitmachangeboten für die ganze Familie wie zum Beispiel im Schloss Reinbek oder im Ahrensburger Marstall. Darüber hinaus hat das Tourismusmanagement Stormarn gemeinsam mit der Herzogtum Lauenburg Marketing Kunst-Radtouren für beide Landkreise entwickelt, sodass neben der Kunst auch viel schöne Natur entdeckt und erlebt werden kann. Alle Infos inklusive der Fahrradrouten, die heruntergeladen werden können, gibt es ebenfalls auf der Homepage.
Foto: Zarte handgefärbte Seidenbänder wirken auf besondere Weise in den Acrylbildern von Barbara Kahlke.
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